Mercedes LN2 1124AF

  • Hallo,

    wir sind ja nun schon einige Zeit mit unserem ausgebauten Unsinn Anhänger und dem Viano 4Matic unterwegs.

    Da der Viano und Hänger nicht unbedingt für gröberes Gelände geeignet sind, hatten wir schon länger den Plan irgendwann einen LKW zum Reisemobil umzubauen.

    Da ich hier selber gern alle Möglichen Berichte lese und Bilder anschaue, möchte ich euch meine Geschichte auch nicht vorenthalten.

    Wir wollten und haben uns also einen LKW gekauft.
    Klar war das es wieder ein Stern werden sollte.
    Nicht aus dem Grund, das ich glaube Mercedes sei unschlagbar gut - ich bin mir des Gegenteils durchaus bewusst - sondern eher weil ich mich mit Mercedes schon recht gut auskenne und die Ersatzteilversorgung für den Fall der Fälle, als sehr positiv empfinde.

    Nach einiger Recherche wollte ich einen OM366 Motor - da wir selbst in der Feuerwehr sind und wir den Zustand der alten Feuerwehrfahrzeuge als durchaus positiv sehen, war klar das es ein AF (Allrad Feuerwehr) werden soll - das er 240 oder wenigstens 200 PS haben sollte war auch klar und damit die Eckdaten gesetzt.

    Es sollte also ein Mercedes 1120AF, 1124AF oder 1224AF werden.
    Insgesamt werden solche Fahrzeuge aktuell recht hoch gehandelt, aber die Auswahl ist auch nicht schlecht, da die Auto mittlerweile zwischen 25 und 30 Jahren alt sind und deshalb von vielen Feuerwehren aussortiert werden.

    Nach einiger Suche fanden wir dann einen 1124AF, welchen wir direkt von der Stadt, zu einem sehr guten Preis kaufen konnten.
    Der Preis ergab sich auch deshalb, weil das Fahrzeug einen Getriebenschaden hat - das ist schlecht für den Verkäufer und gut für uns. Da wir das Getriebe sicher früher oder später eh auf eine GV4 umgebaut hätten, ist es also doppelt gut gelaufen.

    Beim GV4 handelt es sich um ein 6 Gang Getriebe, welches über eine Vorschaltgruppe verfügt.
    Damit lassen sich alle Gänge nochmal "halbieren" und man hat im Prinzip ein 12 Gang Getriebe (plus zwei Rückwärtsgänge)
    Weiterhin ist es eines der Wenigen Getriebe, welches im höchsten Gang eine längere Übersetzung hat, dadurch erreicht man mit dem recht kurz Übersetzen Allrad-Laster eine höhere Geschwindigkeit oder zumindest eine niedrigere Drehzahl bei Reise/Autobahngeschwindigkeit.


    Hier ein Bild, kurz nach der Abholung im Januar 2019


    Als nächstes musste also erstmal die Sache mit dem Getriebe folgen....


    Grüße Dirk

  • Ich hatte das GV4/95 bei einem Händler in den Niederlanden gefunden.
    Es war ein gebrauchtes mit unbekanntem Kilometerstand.
    Leider passte es auch nicht direkt zu meinem OM366, also musste ich einiges ändern.

    Zuerst wollte ich es zerlegen, kontrollieren und soweit erforderlich neu lagern.

    Leichter gesagt als getan. Einige Wochen quälte ich mich mit dem Getriebe.
    Der erste Teil der Zerlegung verlief recht einfach:


    Dann nervte das vordere Lager der Vorgelegewelle.
    Dieses war durch einen Lagerschaden schon zerstört, allerdings hatte sich der Lagerinnenring fest mit der Welle verbunden und ich wollte nicht brachialer Gewalt zu werke gehen, weil ich Bedenken hatte das Konstaterrad zu beschädigen, da dieses beim Lager heraus pressen nur durch zwei M8 Schrauben gegen gehalten wird.

    Ich hab also versucht, das Lager mit dem Dremel zu schlitzen und zu spalten. Mit dem Dremel und den kleinen Trennscheiben kommt man aber auch Recht bescheiden hin und so konnte ich nur immer wieder kleine Stücke heraus brechen.
    Am Ende könnte ich mit einem Wolfram-Karbid-Fräser den Lagerring bis in die Kehle auffräsen.
    Der Fräser geht echt gut - das hätte ich nicht erwartet.

  • Ich konnte den Lagering dann also entfernen und das Getriebe weiter zerlegen.

    Naja da war aber noch ein Lagerschaden und Aufgrund dessen eine zerstörte Welle (einseitig abgenutzte Zahnflanken)





    Schlussendlich sah es so aus als ob in dem Getriebe mal Öl gefehlt hat.
    Ich hatte dann einige Diskussionen mit dem Verkäufer, weil er mir nicht glauben wollte das ein gebrauchtes Getriebe nicht das gleiche wie ein defektes Getriebe ist.
    Schlussendlich haben wir uns so geeinigt, das ich noch ein "halbes" anderes Getriebe bekomme und dann aus zwei schlechten irgendwie ein gutes machen kann ...

  • Hallo

    cool das Du das mit dem Getriebe selbst in die Hand nimmst! 8)

    Bist Du vom Fach Dirk, oder einfach nur mutig?

    VG

    Anton

    Wir brauchen dringend ein paar Verrückte - seht euch doch mal um, wo uns die Vernüftigen hingebracht haben!

  • Schöne Bastelarbeit, aber am Ende bestimmt ein schönes Fahrzeug!
    Soll der abgelastet werden auf 7,5to, oder ist das Fahrgestell dafür schon zu schwer?

    Gruß, Holger

  • Hallo,

    ich bin nicht vom Fach, nur mutig.
    Aber bei den Fahrzeugen ist das insgesamt recht einfache Mechanik, die durchaus auch ohne Spezialwerkzeug beherrschbar ist.

    Eine Ablastung auf 7,5t werde ich nicht schaffen.
    Die große Kabine bleibt ja so groß und damit muss ich um den Koffer drauf zu bekommen den Rahmen verlängern, dann wird es zu schwer um sinnvolle Ladekapazitäten zu haben.
    Wobei ich auch keinen Vorteil finden konnte ob ich ein Wohnmobil bis 7,5t oder bis 12t habe.


    Weiter geht's.
    Weil ich auf das andere Getriebe gewartet habe, habe ich in zwischen das defekte Getriebe ausgebaut und aus Interesse zerlegt und begutachtet.
    Bei dem Getriebe war das Gehäuse von vorne bis hinten aufgerissen.
    Das Getriebegehäuse ist offensichtlich gerissen, weil sich die Vorgelegewelle im Bereich der Zahnräder für den ersten und den Rückwärtsgang verdreht hat (Korkenzieher). Aufgrund der Verdrehung sind die Zahnräder dann an den Flanken aufgestiegen und getreu dem Motto "der Klügere gibt nach" hat das Gehäuse Platz für die sich voneinander abdückenden Zahnräder und Wellen geschaffen.
    Warum sich die Welle so verdreht hat ist nicht mehr nachvollziehbar.
    Grundsätzlich war das Getriebe zwar für den Motor etwas klein dimensioniert, da Feuerwehrfahrzeuge aber nicht ständig auch noch tonnenschwere Angänger ziehen, passt das eigentlich.
    Zumindest sind mir keine ähnlichen Schäden an Feuerwehrfahrzeugen bekannt.
    Vielleicht wurde ja versucht mit Gewalt etwas raus zu ziehen / abzuschleppen.


    Grüße Dirk

  • Da ich mit dem Getriebe noch nicht weiter kam, habe ich die Feuerwehrausrüstung im Innenraum weitestgehend zurück gebaut.
    Das alte Martinhorn habe ich um seinen Kompressor erleichtert, dafür aber die Tröten als Drucklufthupe umgerüstet.
    Außerdem habe ich das Dach mit 32mm Armaflex isoliert, die Dachinnenverkleidung mit neuen Kunstleder bezogen und jede Menge Kabel für eine andere Innenbeleuchtung, Radio, Zusatzinstrumente und all solchen Kram gezogen.

    Außerdem habe ich die Pneumatik für die Ansteuerung der Vorschaltgruppe eingebaut.


    Dann war erstmal Urlaub/Elternzeit und wir haben mit unserem Gespann 7 wunderschöne Wochen in Skandinavien verbracht.

  • Da das andere "halbe" Getriebe da war, konnte ich dort weiter machen.
    Alsonginndas zerlegen von vorne los und wie soll es anders sein, die Stellen, die beim ersten gut gingen, gingen beim zweiten schlecht.
    Insgesamt hatte ich aber nun Übung und es ging schneller als beim Ersten mal.
    Auch diesmal war ein Lagerschaden zu finden. Zum Glück war es aber diesmal nicht so schlimm.
    Der Walzenkranz welcher die Welle der Vorschaltgruppe in der Eingangswelle führt ist zerstört. Außerdem hat die Eingangswelle viele Zähne nach dem Sicherungsring verloren.
    Ich vermute, das die Eingangswelle durch ein defektes Pilotlager nicht mehr richtig geführt wurde und dadurch dann der Walzenkranz folgte und schließlich, durch die zuhnehmende Bewegung, die Zähne am Sicherungsring brachen.
    Zumindest ist der Zapfen der Eingangswelle, welcher im Pilotlager steckt ordentlich eingelaufen - hier fehlen mindestens 0,5mm

  • Hallo Dirk,

    sehr schöne Doku, da freuen sich die Landmaschinenmechaniker ...

    OK, ist also kein Automatikgetriebe ...

    Gruß Arno

    Einst mit Kleinst-SUV und Dachzelt , nun mit dem ProjeGt unterwegs

  • Ich bin gespannt wie es weitergeht! Allen Respekt! Schönes Fahrzeug!

    An Autos rumschräubern ist eine Sache - ein Getriebe zu zerlegen und vor allem fachgerecht wieder zusammen zu bauen, eine andere...! :mrgreen:

    Viel Erfolg!

    Gruß
    Holger

  • Ich habe zwischendurch auch die Getriebetraverse angepasst.
    Das GV4/95 ist ja länger als das alte G3. Glücklicherweise war zwischen Getriebetraverse und Halter des G3 noch ein Zwischenstück, welches ich weglassen kann, dadurch muss die Traverse nur 60mm nach hinten rücken.
    Das wiederum konnte ich erreichen in dem ich in den Rahmenverstärkungen ein Loch nach hinten gerückt bin - das ergibt 65mm - dazu mussten ein paar neue Löcher in die Traverse.
    Da der Nebenabtrieb entfällt kann und soll der Halter des GV4 wieder mittig sitzen, dazu habe ich ein Blech an die Traverse geschweißt, welches die Öffnung für die Kardanwelle der Pumpe, so abdeckt, das der Getriebehalter montiert werden kann.
    Oben auf die Traverse habe ich noch eine Aufnahme für die Abstützung der angekippten Kabine geschweißt, diese saß vorher auf dem Zwischenstück welches nun entfällt


    Außerdem habe ich immer wieder einige Teile vom alten Feuerwehraufbau verkaufen können, welche dann auch noch demontiert werden musste.

    Nachdem ich mir die zum Motor passende Eingangswelle besorgt hatte, welche es nur neu und nur bei Mercedes gibt - aber wenigstens da, ist ja auch schon gut für ein 25 Jahre altes Aggregat - konnte ich das Getriebe so langsam wieder zusammenbauen.


    Insgesamt ließt es sich reicht leicht, aber wie die Bilder erahnen lassen, habe ich keine LKW-Werkstatt zur Verfügung.
    Das Getriebe habe ich in meiner DDR-Garage überholt, in der allerdings noch ein Fahrzeug parkt :(
    Ich hab also die meiste Zeit vor der Garage gearbeitet. Außerdem ist fast jedes Teil an dem Getriebe so schwer, das man zum schonenden demontieren und montieren einen Motorkran und/oder Kettenzug benötigt. Nun bietet die Garage aber nicht die Höhe um die Getriebeteile so hoch anzuheben, um sie auf einer Werkbank in angenehmer Höhe zu legen.
    Also schraub ich die meiste Zeit kniend, hockend, kauernd, liegend vor meiner Garage.
    Das ist nicht schön aber eine gute Erfahrung, wenn man das mal unterwegs machen muss :D
    Feldmäßige Instandsetzung sozusagen

  • Irgendwann war der heiße Sommer vorbei und ich hatte genug geschwitzt - das Getriebe war komplett und hatte einen neuen Anstrich erhalten.

    Das Wetter war an diesem Tag beschissen genug um unter freiem Himmel ein 200kg schwere Getriebe in einen LKW einzubauen, der sicht nicht bewegt und nicht über einer Montagegrube parkt.
    Es regnete ganz ordentlich, alles war soweit organisiert, also konnte der Spaß beginnen.

    Mein Bruder hat mir das Getriebe mit seinem Bagger aus meiner "Werkstatt" zum Fahrzeug transportiert.
    Dann haben wir es auf einer Aluwanne abgelegt und diese, mit dem Getriebe unter das Fahrzeug gezogen.
    Die Montage erfolgte dann, wegen der besseren Justierbarkeit mit einem Motorkran und Kettenzug.

  • Nach der erfolgreichen Montage folgten noch ein paar Anpassungsarbeiten, welche natürlich auch nicht ganz einfach durchliefen.


    Da ich ja kein Getriebe habe was direkt für den Om366 passt und die Gruppenkabine auch nicht gekürzt wird, hatte ich ein Platzproblem.

    Die Schaltung und die Schalter für die Anlassperre, sowie Rückfahrscheinwerfer stießen an einer Traverse der Kabinenverlängerung an - also dem Teil, welches der Feuerwehraufbauhersteller an das Mercedes Fahrerhaus angefügt hat.
    Um großflächig Platz zu schaffen musste die Traverse und auch ein gutes Stück der Bodengruppe entfernt werden.
    Zum Glück ist das alles unter der vorderen Sitzbank und so geht mir schlussendlich nur Stauraum im Kasten der Sitzbank verloren.


    Nachdem ich das geschafft hatte, musste das Schaltgestänge angepasst werden - das war ein übelster Akt, das ganze hat mehr Nerven gekostet als das Zerlegen und der Zusammenbau des Getriebe an sich.
    Es hat gefühlt ewig gedauert bis das Gestänge so angepasst war, das die Schaltwege passen und auch die Gassen sauber gewählt werden können.
    Ich hab drei verschiedene Varianten probiert. Rohrbögen zurecht geflext, vor Ort geheftet, die Idee verworfen und von vorne angefangen.
    Irgendwann war es dann aber geschafft.


    Als diesen Problem gelöst war, wollte ich die gekürzte Gelenkwelle zwischen Getriebe und Verteilergetriebe einbauen, aber ich hatte beim Einbau des Getriebeflansch vergessen die Schrauben einzusetzen, also musste der Flansch wieder gelöst und soweit heraus gezogen werden bis die Schrauben hinein passten.
    Dann konnte die Welle montiert werden. Schon da war klar das es Mist wird, weil der Platz zwischen Welle und Getriebetraverse sehr knapp war. Beim Probelauf war klar - das geht so nicht - die Welle schliff an der Traverse.

    Naja, also Traverse raus und geflext, gehämmert, geschweißt, gerichtet, geschweißt, gehämmert, geschweißt, ein Stück eingesetzt und alles durchgeschweißt. Traverse neu lackiert und wieder eingebaut.

    Im Vorfeld musste ich die Gelenkwelle noch kürzen lassen. Allerdings war der Flansch des alten Getriebe kleiner als der des "neuen" und für das "neue" gibt es keine kleineren Flansche.
    Ich hab mich dann an Hartwig gewendet und er hat mir den Flansch bearbeitet und einen Adapter dazu gefertigt.
    An dieser Stelle nochmal herzlichen Dank an dich - Hartwig.


    Ja und nun ist antriebsseitig alles zusammen und das Fahrzeug fährt wieder.
    Aktuell bin ich dabei die Feuerwehrkabine innen schön zu machen. Davon werde ich euch demnächst auch berichten und Bilder zeigen.


    Grüße Dirk

  • ich bin nicht vom Fach, nur mutig.
    Aber bei den Fahrzeugen ist das insgesamt recht einfache Mechanik, die durchaus auch ohne Spezialwerkzeug beherrschbar ist.

    Bei dem Getriebe war das Gehäuse von vorne bis hinten aufgerissen.
    Das Getriebegehäuse ist offensichtlich gerissen, weil sich die Vorgelegewelle im Bereich der Zahnräder für den ersten und den Rückwärtsgang verdreht hat (Korkenzieher).

    Hallo

    Glückwunsch zu der gelugenen Reparatur! 8)

    Es stimmt, so ein Getriebe ist kein Hexenwerk und auch von den Dimensionen, mal abgesehen vom Gewicht, gut beherschbar. Ein 6Gang-Getreibe in einem Sportwagen ist sicherlich fuckeliger.

    Eine verdrehte Vorgelegewelle schiebt dir bei Last die Zahnräder hin wo sie will. Ähnliches hab ich auch schon erlebt. Da war nicht die Welle verdreht, aber das Lager. Wir haben wir 3mal erneuert, zweimal davon mit Welle und Rückwärtsgangrad.

    Es hat immer nur kurze Zeit gehalten. Dann haben wir es durch eien Bronzebüchse mit Schiebepassung erzetzt. Danach war endlcih Ruhe.


    VG

    Anton

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